Eisenbahn Probleme 2025

Züge in Griechenland sollten langsamer fahren *

Fokusierung auf Sicherheit hätte viele der systemischen Probleme der griechischen Eisenbahn lösen können

Nach der Wiederwahl von Premierminister Mitsotakis wurde die Aufarbeitung des Tempi-Unglücks fortgesetzt und im Herbst 2023 wurde der Jurist Dr. Christos Papadimitriou zum Leiter der Organisation berufen, die das schwerste Bahnunglück der griechischen Geschichte aufarbeiten sollte, welches sich am 28.02.2023 ereignete und 57 Tote kostete. Nach 2 Jahren wurde ein Ermittlungsbericht vorgelegt, der in den griechischen Medien für Furore sorgte. In einem eindringlichen Zeitungsinterview * beleuchtete Christos Papadimitriou Anfang 2025 die strukturellen Herausforderungen und politischen Versäumnisse auf eindrucksvolle Weise. So enthüllte er, dass der Nationale Untersuchungsrat für Unfälle im Transportwesen ohne Grundausstattung starten musste.

Christos Papadimitriou (ganz rechts) bei der Präsentation des Ermittlungsberichts am 28.02.2025

Gefährliche Vernachlässigung und Fahren auf Sicht
Das griechische Eisenbahnnetz war seit Jahrzehnten stark vernachlässigt, was zu einem tragischen Zugunglück führte. Alle vorangegangenen Regierungen setzten auf den Ausbau des Strassenverkehrs und bauten Autobahnen zu Lasten der Schiene. Papadimitriou schildert die systemischen Mängel bei der Mitarbeiterausbildung und den fehlenden Investitionen, die zu einer gefährlichen Bahnstruktur beigetragen haben.

Anfangs Ermittlungen schwierig, dann Unterstützung der Europäischen Eisenbahnagentur
Christos Papadimitriou beschreibt seine Ankunft im chaotischen Büro des Nationalen Untersuchungsrates für Verkehrs-Unfälle. Ohne funktionierende Ausstattung und ohne bezahltes Personal, waren die Startbedingungen alles andere als ideal. Er suchte Hilfe von der Europäischen Eisenbahnagentur, um die Nachforschungen zum Tempi-Zugunglück zu beginnen. Trotz der desolaten Ausgangslage konnten die Ermittlungen endlich in Gang gebracht werden, wobei Papadimitriou die prekäre Zustände des Rats verbergen musste, um die internationale Unterstützung nicht zu gefährden.

Versagen des veralteten Eisenbahnsystems
Das tragische Unglück bei Tempi zeigt, wie vernachlässigt Griechenlands Eisenbahnsystem ist. Jahrzehntelange politische Entscheidungen führten zu unzureichenden Investitionen, während die Belegschaft nach 2012 bis heute zu stark reduziert wurde. Die Sicherheitskultur leidete unter fehlender Überwachung und Schulungen, was zu gefährlichen Fehlanwendungen führte. Eine nicht umgesetzte Sicherheitsvereinbarung hätte möglicherweise das Unglück verhindert.

Investitionsstau: Griechenland liegt bei den investierten Geldern pro Kilometer Eisenbahnstrecke im europäischen Vergleich ganz hinten

Papadimitrious Ermittlungen ergaben, dass die vorherrschende Art, immer nur minimale Wartungsmaßnahmen vorzunehmen, stetig zu Pannen und Zwischenfällen führte, wodurch das Risiko für alle Beteiligten größer wurde. Für regelmäßige Wartung fehlte das Geld, repariert wurde nur, wenn etwas ausfiel und selbst die Lokführer mußten ständig improvisieren. Bis 2012 hatte die griechische Eisenbahngesellschaft (OSE) mehr Personal als benötigt, das aber stark reduziert wurde durch die Rettungsprogramme 2010-2012.

Verborgene Risiken und Unkenntnis führen zu Fehlern

Papadimitriou deckte auf, dass das Unglück hätte vermieden werden können, wenn die veralteten Züge langsamer gefahren wären. Vorschläge, die Geschwindigkeit auf 80 km/h zu reduzieren, wurden abgelehnt, um Konkurrenzvorteile zu den KTEL-Überlandbussen zu wahren. Es blieb bei 160 km/h. Fehlende Signalisierung und schlechte Kommunikation waren Alltag, was auch erklärt, warum selbst erfahrene Mitarbeiter oft keine Rückmeldung machten. Die missglückte Sicherung der Unfallstelle ist ein weiteres Zeichen für die Unkenntnis der Beteiligten, Verdeckungsabsicht sähe er dabei nicht. Bei seiner Untersuchungsarbeit fand keine politischen Einmischungen statt.

Öffentlicher Druck ja – aber keine Einmischung in Nachforschungen  

Diese von Hrn. Papadimitriou festgestellte politische Unabhängigkeit ist bemerkenswert. Das Interview fand Anfang März 2025 zu einer Zeit statt, als zum 2. Jahrestag der Tragödie sich viele Menschen zu Demonstrationen zusammenfanden und auch im Athener Parlament hitzig zum Zugunglück diskutiert wurde.

Seinen Rücktritt aus „persönlichen und familiären Gründen“ legte Dr. Papadimitriou kurz danach am 09.04.2025 ein.  

Der Brief an den Minister lautete: 

«Αξιότιμε κύριε Υπουργέ,
Aπό τις 18/9/2023 προσπάθησα να υπηρετήσω το κοινό συμφέρον με υπευθυνότητα και επιστημονικότητα, σε μια δύσκολη συγκυρία. Ανέλαβα να δημιουργήσω έναν ανύπαρκτο σιδηροδρομικό φορέα διερεύνησης ατυχημάτων και πιστεύω μέσα σε 18 μήνες κατόρθωσα να δημιουργήσω για πρώτη φορά στην Ελλάδα έναν ικανό φορέα διερεύνησης ατυχημάτων, απαρνούμενος κάθε άλλη επαγγελματική ενασχόληση και αφιερωμένος νυχθημερόν και 365 μέρες τον χρόνο στο τιτάνιο έργο της δημιουργίας του ΕΟΔΑΣΑΑΜ.
Πιστεύω ότι ο ΕΟΔΑΣΑΑΜ έχει εκπονήσει ένα άρτιο όρισμα, πολύτιμο για το μέλλον των σιδηροδρομικών μεταφορών στην Ελλάδα. Μόνη εξαίρεση αποτελεί το ζήτημα της πυρόσφαιρας, το οποίο κατά τη γνώμη σύσσωμου του Συμβουλίου, όπως εκφράστηκε στο Πρακτικό της 26/2/2025 χρήζει περαιτέρω διερεύνησης. Αυτό δήλωνα άλλωστε και από την ημέρα παρουσίασης του πορίσματος.
Με ενσυνείδηση και ευθύνη σας υποβάλλω την παραίτησή μου για προσωπικούς και οικογενειακούς λόγους».
Με ιδιαίτερη εκτίμηση,
Χρήστος Θ. Παπαδημητρίου, Δ.Ν.

** Interview der etablierten Zeitung Kathimerini mit Papadimitriou März 2025