
Staatsrat Athen entscheidet über Zollnacherhebungen
April 2025
Kanzlei Rath Aktuelles
Notizen aus Griechenland


In seinem Urteil Nr. 352 / 2025 über ein langwährendes finanzgerichtliches Verfahren mit der griechischen Zollverwaltung entschied der griechische Staatsrat in Athen wie Entscheidungen über Zollnacherhebungen rechtmässig zu treffen sind. Die Anforderungen an den korrekten Ablauf eines solchen Verfahrens werden deutlich: Wann ist insbesondere das rechtliche Gehör des betroffenen Steuerpflichtigen verletzt?
Der zugrundeliegende Fall: Eine unerwartete Zollnachforderung
Eine Importfirma erhielt von der Zollbehörde Piräus eine Nacherhebung von über 114.000 Euro. Hintergrund war die angeblich falsche Deklaration der Herkunft ihrer importierten Waren. Die Kontroverse drehte sich um die ursprüngliche Angabe, dass die Waren insbes. Drahtseile aus Südkorea stammten, während Recherchen ergaben, dass sie tatsächlich aus China importiert wurden. Dies führte zu einer Neubewertung der fälligen Zölle und Abgaben inklus. Zwangsgelder wegen Falschdeklarierung, was die Firma in eine sehr langwierige rechtliche Auseinandersetzung mit den griechischen Zollbehörden stürzte.
Eine rechtliche Herausforderung: Rechte des Importeurs
Im Streit um die Nachforderung stand das Recht der Firma auf Anhörung im Mittelpunkt. Der EU-Zollkodex also die einschlägigen EU-Rechtsvorschriften hier der offizielle ELI European Legislation Identifier: http://data.europa.eu/eli/reg/2013/952/2022-12-12 verlangen, dass Importeuren die Möglichkeit gegeben werden sollte, ihren Standpunkt darzulegen, bevor ein individuelles Maßregel beschlossen wird. In diesem Fall wurde argumentiert, dass der Importeur nicht ordnungsgemäß angehört wurde, bevor die Nachforderung gestellt wurde. Dieses Recht auf Anhörung wurde in der Entscheidung des Gerichts als wesentlich betrachtet, um den fairen Umgang mit betroffenen Parteien sicherzustellen.
Justiz und Gerechtigkeit: Die Rolle des Verwaltungsgerichts
Die Ausgangsentscheidung des Verwaltungsgerichts unterstützte die argumentierende Firma und hob die Nacherhebung in Form des Ablehnungsbescheids aus dem Jahre 2011 auf. Das Gericht stellte fest, dass die Firma das Recht auf eine vorherige Anhörung gehabt hätte, bevor die neuen Zölle geltend gemacht werden konnten. Diese Einschätzung beruhte auf dem Grundsatz, dass das Vorliegen eines unrechtmäßig ausgestellten Zertifikats einer eingehenden Prüfung bedarf, bei der auch die subjektive Haltung des Importeurs berücksichtigt werden kann.
Die Rolle der EU im Zollrecht
Der Fall beleuchtet die Spannungen zwischen nationalem und EU-Recht. Nach EU-Vorschriften müssen Mitgliedstaaten die Verteidigungsrechte wahren, selbst wenn nationale Gesetze keine expliziten Anhörungsverfahren vorschreiben. Dieses Grundprinzip unterstreicht die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, bei der Durchsetzung von Maßnahmen im Einklang mit dem EU-Recht zu handeln. Diese Rechtsinterpretation führt zu einer stärkeren Schutzposition der betroffenen Parteien in ähnlichen Fällen.
Vorherige Anhörung
Ein zentraler Streitpunkt in diesem Fall war, ob eine vorherige Anhörung notwendig war oder nicht. Während die nachfordernde Behörde argumentierte, dass objektive Fakten im Vordergrund stünden und die Zertifikate offensichtlich ungültig wären, bestand die Firma darauf, dass es wesentlich sei, ihre Sichtweise vor der Erhebung weiterer Zölle darzulegen. Dieser Unterschied führt zu einer intensiven Auseinandersetzung über die Rolle der Anhörung bei administrativen Entscheidungen.
Anzumerken ist dabei auch, dass es keine aufschiebende Wirkung des Einspruchs gibt und in Griechenland die Abgaben auch bei eingelegten Rechtsmitteln erst einmal zu zahlen sind.
Gang durch die Gerichtsinstanzen
Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mesolonghi Nr. 173/ 2013 folgte eine Berufung der Finanzbehörden, die das Urteil in Frage stellte. Diese Berufung ging vor das Oberverwaltungsgericht Patras und behandelte im Urteil Nr. 152 / 2016 Gesichtspunkte, die bedeutsam sind für die Wahrung der Rechte von betroffenen Importeuren. Der Fall zeigt auf, wie komplexe Rechtsstreitigkeiten über administrative Maßnahmen zu einer Serie von aufeinanderfolgenden gerichtlichen Prüfungen führen können, die letztlich langwierige Prozesse mit sich bringen. Die Entscheidung des Staatsrats erfolgte dann relativ zeitnah keine 2 Jahre nach der Verhandlung am 12.06.2023. Der Staatsrat (Συμβούλιο της Επικρατείας – Symvoulio tis Epikrateias) ist das höchste Verwaltungsgericht Griechenlands und entscheidet in letzter Instanz bei Streitigkeiten im Bereich des öffentlichen Rechts auch bei
Finanzstreitigkeiten, wenn diese öffentlich-rechtlicher Natur sind und Abgaben staatlicher Stellen betreffen insbesondere auch die Rechtmäßigkeit von Steuerbescheiden und Zöllen.
Rückerstattung von Kostenzahlungen
Die erfolgreiche Anfechtung der Entscheidung führte jetzt schliesslich zur Rücknahme der Nachforderung. Daneben sind die laut Urteilstenor zu erstattenden Kosten v. € 920.- der Firma vernachlässigbar.
Des Fall unterstreicht das hohe finanzielle Risiko der Betroffenen und die Langsamkeit der Verwaltungsgerichte, aber auch die Bedeutung des korrekten rechtlichen Vorgehens für Unternehmen die in Griechenland in Handelsstreitigkeiten verstrickt werden.
Überlegungen für zukünftige Rechtsstreite
Das Verfahren wirft Fragen auf, wie zukünftige Fälle gehandhabt werden sollten. Die Wichtigkeit der Berücksichtigung von Verteidigungsrechten und die Sicherstellung einer fairen Anhörung des betroffenen Unternehmens stehen im Mittelpunkt. Angesichts dieser Entscheidung ist es wahrscheinlich, dass andere Unternehmen in ähnlichen Situationen ermutigt werden, ihre Rechte energischer geltend zu machen.
Der Fall ist jedenfalls von großer Bedeutung für die Rechte von Importeuren im EU-Kontext.